Morgendliches Triathlon
Wieder einmal hatte die Natur über die Technik gesiegt, auch zwei Wecker konnten meinen Organismus nicht rechtzeitig aus dem tiefen Schlaf reissen. Als meine müden Augen dann doch einmal einen Streifzug durchs Zimmer wagten, und dabei auf die leuchtenden Zahlen des Weckers trafen, stand ich vor einer grossen Herausforderung. Die rote „7:40“ bedeutete, dass noch fünf Minuten zum Schulanfang blieben. Zu wenig Zeit, um die Schule, geschweige denn das Klassenzimmer noch rechtzeitig zu erreichen. Aber doch genug Zeit, um es wenigstens zu versuchen.
Also aus dem Bett gehechtet, auf dem Weg ins Badezimmer zwei schnelligkeitsbedingte Rutscher mit beachtenswertem Körpergefühl ausgeglichen, Deo hier, Deo da, T-Shirt an, Hosen an (zum Glück ist Sommer, da geht das) und zur Tür. Haaalt! Rechtzeitig in der Schule sein ist das eine, doch ohne Material steht man da auf ziemlich verlorenem Posten. Nach weiteren 60 Sekunden war auch der Rucksack geladen, es konnte los gehen.
Zwei Minuten waren seit dem Aufstehen vergangen, drei blieben folglich bis zum unerbittlichen Läuten der Glocke. Die ETT („Estimated Travel Time“, neudeutsch für voraussichtliche Reisezeit“) schlägt mit fünf Minuten zu Buche. Doch Rekorde sind da, um gebrochen zu werden.
Also auf den Sattel geschwungen und losgeradelt. Ob die Sonne schien, kann ich nicht sagen, wendete ich meinen Blick doch nur einmal vom Tachometer ab, und zwar, um an der passierten Kirchturmuhr einen Time-Check (wiederum neudeutsch) durchzuführen. Die Zahlen auf dem Tachometer waren jedoch weit erfreulicher, schon stand dort eine glatte 50. Neuer Rekord, natürlich auf leicht abfallender Strecke, aber trotzdem toll. Auf der anschliessenden Geraden verlor ich an Geschwindigkeit, doch 35 km/h in einer Tempo 30-Zone sind sowieso genug. Die anschliessende Hauptstrasse mit dem dichten Morgenverkehr war da schon mehr ein Problem. Vollbremsung! Diese blöden Trams aber auch, die einem immer den Weg abschneiden müssen.
Weiter ging die rasante Fahrt durch den Spital-Park, die zahlreichen Fussgänger liess ich nach „System Schlange“ (Augen zu und durchschlängeln) irgendwie hinter mir. Die letzten zweihundert Meter zur Schule wurden zur Kür, war die Strasse doch frei und weit und breit niemand zu sehen. Nochmals kurz auf 37.5 km/h beschleunigt, bevor ich mit einer Vollbremsung und einem bemerkenswerten Slide in die Fahrradhalterungen eingefädelt hatte. 04:29 zeigte die Stoppuhr an, den alten (unter ähnlichen Umständen aufgestellten) Rekord um bravouröse 31 Sekunden unterboten. Doch die Freude währte nicht langestand mir doch noch der finale Sprint über das gesamte Schulhausgelände zum Naturwissenschaftsgebäude bevor. Mit der übermenschlichen Laufleistung konnte ich das Bremsmanöver von vorhin nahezu wett machen und erreichte das Klassenzimmer bemerkenswerte drei Minuten nach dem Läuten und noch viel anerkennenswertere sieben Minuten nach dem ersten Augenaufschlag des Tages.
Das letzte Element des Triathlons, das Wasser, kam kurz darauf in Form eines heftigen Schweissbades ins Spiel. Zur Vermeidung unangenehmer Reaktionen auf der Leserseite verzichte ich jedoch auf eine detailgetreue Beschreibung dieser Situation und schliesse viel lieber mit dem Fakt, dass ich gerade noch einmal so um eine Strafstunde herumgekommen bin. „Mission accomplished!“
P.S. Laut duden.de heisst es in der Tat "das Triathlon", wobei dies weder ein neu- noch ein altdeutscher, sondern ein Ausdruck aus dem antiken Griechenland ist.