Dienstag, August 22, 2006

Scheisslaune

Soll ja bei den besten Menschen ab und zu vorkommen. Braucht es ja vielleicht sogar. Nur, so eine Scheisslaune ist ziemlich perfid, äusserst hartnäckig und ungemein nervig.

Der erste Lösungsansatz wäre, dem Problem auf den Grund zu gehen. Nur gestaltet sich das sehr schwierig: Ist es die bevorstehende Matur? Die abgelaufenen, und mit Lichtgeschwindigkeit ihrem Ende entgegenrasenden Sommerferien, die mit nichts anderem als lesen, lesen und nochmals lesen gefüllt wurden? Die Übermüdung? Die viel zu vielen gelesenen Bücher, die sich irgendwie in Körper und Geist eingenistet haben, und diesen nun von innen vergiften? Oder doch die Maturzeitung, die ich zu allem Übel auch noch fast im Alleingang schreiben darf? Wäre mir dies doch nur bekannt!

Auch weitere Lösungsansätze scheitern schon im Versuch. Fahrradfahren ist nicht, wenn des blöden Drahtesels Bremsen blockieren und jegliche Hügelchen zu richtigen Pässen werden lassen. Einmal an der frischen Luft lesen wird durch das permanent wechselnde, und nicht allzu warme Wetter auch verunmöglicht. Mit Freunden was unternehmen - gute Idee, nur haben die sich auch schon alle hinter Schunken diversester Sprachen und Autoren verkrochen.

Am Ende bleibt mir, der ich mir immer mehr wie ein einsamer Ritter im Kampf gegen das übermächtige Bücherregime vorkomme, nur die Flucht in noch mehr Text. Noch mehr Bücher (die meist doofen Schunken müssen ja eh gelesen werden), und zwischendurch etwas schreiben. Nur nicht zu lange darüber nachdenken. Papier ist geduldig, und Festplatten noch mehr. Nur ich nicht, aber das scheint weder die Lehrer, noch die Bücher, geschweige denn Petrus zu interessieren.

Fazit: Vielleicht wäre es das beste, die fortgeschrittene Stunde nicht zum übers-Leben-sinnieren, sondern ganz einfach zum Schlafen zu nutzen. Der letzte Versuch, die Scheisslaune irgendwie zu vertreiben. Ob's gewirkt hat, werdet ihr schon sehen...

Mittwoch, August 09, 2006

Buchtitel sagen mehr als 1000 Worte...

Bücher sollen ja für vieles gut sein. Lesen bildet, sagt man. Wie schön, dass es Bücher gibt! Gift für die Augen (M-Budget-Leselampe für CHF 9.90 sei Dank), Futter für’s Gehirn. Immerhin dieses hat was davon. Ob das beim Maturitäts-Kampflesen auch so ist, sei dahingestellt. Doch was ist mit der Seele? Würde die nicht eher Freudensalti schlagen, wenn man die schönen Sommertage am See, in den Bergen, Hauptsache an der frischen Luft und nicht gekrümmt und verrenkt hinter einem Schunken liegend, verbringen würde? Um sie, meine hochgeachtete Seele, davon abzuhalten, aufgrund der temporären Intensivfütterung des Gehirns einen Minderwertigkeitskomplex zu erhalten und sich einfach aus dem Staub zu machen, hier der Versuch einer Beschreibung meiner Seelenzustände durch Büchertitel.

Wer das mühselig erarbeitete, mit unzähligen Werktiteln gespickte Satzkonstrukt nicht entziffern kann, bekommt einen fetten „nicht belesen“-Stempel auf die Stirn gepfeffert und findet die einzelnen Bücher unten in einer Auflistung.

Während draussen die Nicht-Maturanden „Katz und Maus“ spielen, habe ich schon „1984“ Seiten „Huis Clos“ verspiesen, und sowohl mein Zimmer als auch ich verkommen immer mehr zu „Animal Farm“ respektive „Lord of the Flies“. Der „Willhelm Tell“ speist nämlich gerne hier, um „den Prozess“ nicht zu verlangsamen. Immerhin steht der nächste „Besuch der alten Dame“, meiner Mutter mit dem heutigen Abendessen, schon bald an. Ob ich ein „Malade Imaginaire“ oder schon ein veritabler Kranker bin weiss ich nicht, gewiss ist jedoch der ewige Kampf mit „dem Sandmann.“ Viel mehr gibt es nicht zu sagen, ich warte auf meinen „Dernier jour d’un Condamné“, wenn ich, befreit von den Büchern, wieder das Leben geniessen kann!


Appendix

„Katz und Maus“ (Günther Grass) – spielen die Kinder draussen, während ich lesen und mich konzentrieren sollten.

„1984“ (George Orwell) – So viele Buchseiten habe ich in den letzten vier Tagen etwa verschlungen.

„Huis Clos“ (Jean-Paul Sartre) – 'hinter verschlossenen Türen' bin ich mit dem Verspeisen sämtlicher 24 Bücher beschäftigt.

“Animal Farm“ (George Orwell) – Neue Bezeichnung meines Lesezimmers. Viel essbares rein, nix raus – ein Festschmaus für Krabbeltiere!

„Lord of the Flies“ (William Golding) – Der bin ich schon, da ich vor lauter Lesestress keine Zeit zum Duschen mehr habe!

„Willhelm Tell“ (Schiller) – der kleine Schweizer im Kampf gegen die drückende Übermacht der Bücher – ja, that's me!

„Der Prozess“ (Franz Kafka) – der Lese-Prozess, was denn sonst?

„Besuch der alten Dame“ (Dürrenmatt) – Meine Mutter bringt mir das Nachtessen, das ich gezwungenermassen schon auf dem Zimmer –lesend- einnehmen muss.

„Le malade imaginaire“ (Molière) – Nix imaginaire, einen akuten Bücheroverkill habe ich!

„Der Sandmann“ (E.T.A. Hoffmann) attackiert mich alle zehn Minuten während der Lektüre und reisst mir die Augenlider nieder!

„Le dernier jour d’un condamné“ (Victor Hugo) – Verdammt bin ich, zur schier unendlichen Lektüre. Der letzte Tag indes ist nicht absehbar.

Kampflesen

Maturandenstress at its best! Nachdem ich das Lesen in den Wochen 1 und 3 vollkommen verschlafen habe, sieht die Liste gelesener Maturbücher noch immer ziemlich leer aus, während die Auflistung zu lesender Exemplare nicht wirklich zu schrumpfen gedenkt. Inzwischen besitzt sie gleich viele Zeilen wie noch Tage zur Matur übrig bleiben – das sorgt für einen ganz besonderen Thrill!

Für etwaig Interessierte hier ein paar Kurzrezensionen verschlungener englischsprachiger Werke. Die Französischen kommen, sobald der Autor den Aigu-Overkill verarbeitet hat.

„The Picture of Dorian Gray“. Gääähn, Kunst & Schickimicki-Zeugs.

Ein reicher, eitler englischer Jüngling von unglaublicher Schönheit (nein, nicht David Beckham, aber das Prädikat „metrosexuell“ würde ihm hervorragend stehen) bekommt ein Portrait gemalt, und beklagt sich, dass es immer gleich schön bleiben wird, während er nur noch altern wird. Das Schicksal hat ein offenes Ohr und dreht den Spiess um – das Bild altert für ihn, reflektiert all seine Sünden, während er unverwüstlich bleibt. Diese Idee ist aber auch das einzig schöne am 230-seitigen Elitesociety-Schunken, in dem sich viel zu viel um’s Tee trinken und „society parties“-Feiern dreht. Ende der Geschichte, der immer noch schöne Jüngling ermordet den Maler und setzt danach auch seinem eigenen Leben –und damit dem Buch- endlich (!) einen Schlusspunkt. 2/5 Sterne.

„Animal Farm“. Alles Schwein, oder was?

Tolle Fabel von George Orwell: Revolution auf einer Farm, die Tiere vertreiben die Menschen und die Schweine reissen die Herrschaft an sich. Ziel: Alle Tiere sollen gleich sein. Irgendwie bringen es die Biester auch noch fertig, die Farm zu führen –wie das mit vier Pfoten und ohne Geld gehen soll ist mir noch immer schleierhaft- , doch der Ehrgeiz der rosaroten Anführer wächst. Sie wollen mehr Macht, mehr Futter, während die anderen Tiere dafür mehr schuften dürfen. Plötzlich heisst es nun: „Alle sind gleich, aber einige sind gleicher denn andere.“ Schwer entzifferbare Schweinelogik, die aber die Gesellschaft des Kommunismus widerspiegelt und gekonnt resümiert. Bravo! Grunz! 5/5 Schweine, ähh, Sterne.

„Lord of the Flies“. Klein-Krieg auf der Insel!

Naja, fast. Eine Gruppe englischer Jungs (daher: Klein-Krieg) strandet auf tropischem Eiland. Sofort finden sich zwei Rivalen, die während den 180 Seiten eine tiefe Feindschaft entwickeln. Nebenbei erfahren wir, mit welchen alltäglichen Problemen sich die Gruppe herumschlagen muss – vom Feuer machen übers Sandburgen bauen bis zur Schweinejagd kommt nichts zu kurz! -, bevor die beiden Helden wieder die Bühne betreten. Der eine hat unterdessen eine Jägerschar um sich vereint, und setzt, mit dem Ziel, seinen Widersacher auszuräuchern, die ganze Insel in Brand. Da kommt endlich ein Schiff, rettet die Bande (bzw. die wenigen, die noch nicht ermordet wurden) und setzt dem Treiben ein Ende!

Herrliches Portrait einer Zivilisationsbildung, oder wie man es eben nicht machen sollte. 4/5 Sterne.